Auf unserem Tourplan steht ein Abstecher nach Pullman City II.
Dort zu spielen ist immer etwas besonderes. Seit dem Jahr 2000 sind wir dort regelmäßig zu Gast, deshalb nennen wir es gern "unser Wohnzimmer"
Alle Instrumente, Verstärker, Hemden und Hüte sind verstaut und es kann losgehen.
Auf der Fahrt durch den Harz streifen wir den einen oder anderen Regenschauer - im CD-Player läuft "I don't care if the sun don't shine" von Elvis - wie recht er doch hat!
Kaum in Pullman City angekommen weichen jedoch die Regenwolken und die Sonne scheint. (Vielleicht können wir ja noch ein paar "Outdoor-Fotos" machen.
Das Aufbauen und der Soundcheck in Pullman City II sind immer besonders angenehm. Erstens muss man keine schwere PA Anlage schleppen, zweitens weiß jeder sofort wo was ist und wie was angeschlossen wird und letztendlich weiß die Soundcrew genau wie was warum nach Country Music klingt.
Aber irgend etwas ist heute auf der Bühne anders - Die "Jungs" haben sich eine neue Lichtanlage gegönnt.
Na da bin ich ja mal gespannt wie das aussieht - aber, wo hängen wir denn jetzt unser "BLUE STEEL Banner" auf.
Da ist Improvisationstalent gefordert. Mit vereinten Kräften und einer Unmenge an Federspannern haben wir es schließlich hin bekommen.
Jetzt ist es noch eine gute Stunde bis zum Auftritt.
Fotos machen? Das Wetter wird allgemein als zu "maikühl" eingestuft (Weicheier!)
Also ein wenig chillen und schon mal seelisch auf den Auftritt vorbereiten. (Was essen wäre auch nicht schlecht)
So, jetzt fängt bei mir dieses berühmte Kribbeln in der Magengegend und in den Fingerspitzen an. Ich will da jetzt raus - sofort.
Micha hat sich entschlossen ein Buch zu lesen - Der ist so "abgebrüht", der würde auch noch auf dem Weg zur Bühne weiter lesen.
"Big Mike" sagt uns über Mikro vom Mischpult aus das nach diesem Song der Vorhang aufgeht.
Noch schnell die Instrumente gestimmt, den Hut noch eine Spur tiefer ins Gesicht gezogen und beim Nachbarn versichert das das auch "cool" aussieht.
Pullman City hat eine der wenigen Bühnen mit einem Vorhang. Das steigert, zumindest bei mir, immer noch ein wenig extra den Adrenalienspiegel die letzten paar Sekunden bevor es losgeht.
Na endlich! Das Scheinwerferlicht flutet entgegen, der Saal ist voll, Hartmut zählt die ersten Takte an - endlich wieder zu Hause.
So, das erste Set und das erste Hemd sind durch.
Super Publikum, super Sound auf der Bühne - das hat wieder Spaß gemacht.
Jetzt noch schnell eine Flasche Wasser und eine Tüte "Studentenfutter" nachtanken, ein frisches Hemd angezogen und es kann weiter gehen.
Micha hat es sich derweil mit seinem Roman "gemütlich" gemacht.
Allgemeine Meinung - Das rockt!
Mittlerweile sind wir im zweiten Set angelangt und der Saal kocht.
Aus dem rechten Augenwinkel nehme ich einen schwarzen Schatten wahr der in Windeseile an mir vorüber huscht.
Was ist passiert?
Hartmut ist nicht nur einer der besten Schlagzeuger mit denen ich in den letzten 30 Jahren zusammengespielt habe, sondern ein echter Schlagzeuger in des Wortes reinster Bedeutung.
Soll heißen "...wer streicheln will soll sich einen Streichelzoo in seiner näheren Umgebung suchen aber keine Drums auf der Bühne bedienen..."
Hartmut hat also die letzten paar Songs sein Drumset kontinuierlich nach vorn "geprügelt" bis der Platz für einen Mikrofonständer und einen Scheinwerfer auf der Schlagzeug-Plattform zu klein wurde und die Schwerkraft ihr übriges tat.
"Big Mike" hatte das von der Mischpultempore aber gesehen und in Nullkommanichts war alles wieder auf seinem angestammten Platz.
Auf Wikipedia findet man zum Thema "Geisterstunde" folgendes:
"In Europa...kommt der Mitternacht teilweise eine besondere Bedeutung im traditionellen Volksglauben zu. In vielen Regionen gilt die Stunde zwischen 0 und 1 Uhr nachts...als „Geisterstunde“, um die sich regional verschiedene Sagen ranken... Häufig ist dabei das Erscheinen von Toten".
Also wir sind ja im Harz, das heißt der Blocksberg ist ja auch nicht so weit weg. Dann wollen wir doch mal sehen ob unser Publikum auch schon "tot" ist.
Ne, keine Chance. Auch nach vier Stunden BLUE STEEL sind die putzmunter und bevölkern die Tanzfläche.
Als dann so gegen 01:00 Uhr nach der letzten Zugabe der Vorhang fällt wünsche ich mir eigentlich nur noch eine liebe Fee (oder einen Kobold) der für mich die Instrumente abbaut und mich auf dem schnellsten Weg in mein Bett befördert.
Daraus wird aber leider nichts. Also erst einmal das verdiente "Feierabendbier". Vier Stunden auf der Bühne sind definitiv anstrengender als vier Stunden laufen (und ich habe schon den einen oder andere Marathon mitgemacht).
Es hat sich aber mal wieder gelohnt.
Als ich auf der Rückfahrt mit zufriedener Miene versucht habe einen "vernünftigen" Radiosender zu finden ist mir klar geworden wie "Truck Stop" auf "ich möcht so gern Dave Duddley hörn" gekommen sind.
In diesem Sinne
Keep it Country - bis zum nächsten Mal in der Westernstadt im Harz
Die schönsten Bilder des Abends haben wir für euch in einer Diashow zusammengestellt.